Gelingende Teamarbeit

Auf Zeit Online las ich gestern ein Interview mit Ingrid Gerstbach, Expertin für Design Thinking und Innovationsmanagement, über introvertierte Menschen und deren Chancen im Job. In einer von Extrovertierten dominierten Arbeitswelt wirken introvertierte Menschen oft schwach und es scheint als hätten oder wollten sie nichts beitragen.

Gerstbach plädiert in dem Interview dafür, nicht die Introvertierten ändern zu wollen, sondern an der (Meeting-)Kultur zu arbeiten.

»Introvertierte Menschen beobachten viel und nehmen neben dem, was gesagt wird, auch noch die Stimmung in einem Raum wahr. Das überfordert und kann dazu führen, dass sie sich nicht mehr auf ihre eigenen Ideen fokussieren können und verstummen.«

Es kann als Schwäche ausgelegt werden, wenn eine Person sich nur unter großer Kraftanstrengung zu Wort melden kann, gleichzeitig sollte jedoch die Reflektiertheit und Achtsamkeit – auch auf Stimmungen – als Stärke betrachtet werden.

Gerstbach spricht auch davon, dass es eher kontraproduktiv ist eine stillere Person direkt in der Situation zu Wort zu bitten, sondern regt dazu an über alternative Zugänge nachzudenken. Zweiergespräche bieten sich eher zu konkreter Nachfrage an, als die Gruppensituation, und auch für diese schlägt sie eine gute Methode vor:

»Gerade in Gruppensituationen sollen Ideen entstehen und die Kreativität fließen. Das ist natürlich schwierig, wenn die einen die anderen dominieren. Um das Ungleichgewicht rauszunehmen, lasse ich viel schreiben. Eine Methode ist das Brainwriting, eine Form des Brainstorming: Jeder schreibt seine Ideen zu einem Thema für sich auf und gibt sie dann an den Nachbarn weiter. Der Nachbar ergänzt die Karte des anderen, fügt seine Gedanken hinzu. Das führt dazu, dass sich jeder mit einer Idee intensiver auseinandersetzt und nicht eine laute Person von Anfang an das Brainstorming an sich reißt. Die Methode zwingt alle ein bisschen zur Stille. Gerade den Introvertierten fällt es leichter, zu schreiben. Aber es hilft allen, denn wenn der Kopf erst mal leer ist, kann man besser zuhören. So werden alle Ideen gleichwertig behandelt und es gewinnt nicht der, der seine Idee als Erstes oder am lautesten vorträgt.«

Methodische Reflexion im Kontext von Besprechungen scheint mir nach wie vor als wichtigen Schritt hin zu einem gleichwertigen Austausch aller Beteiligten.

An dem Interview gefällt mir, dass sowohl die Kultur angesprochen wird, die in vielen Zusammenhängen gelebt wird, als auch konkrete Anregungen gegeben werden, wie erfolgreiche Teamarbeit aussehen kann.

Quelle: ZEIT ONLINE: Introvertierte, Bloß nicht anpassen.

8 Reaktionen

  1. Die Methode (hier z.B. Design Thinking) sollte nur das Vehikel und nicht etwa das Dogma darstellen. Design Thinking ist gerade hip, aber es will als Methode eben auch richtig gelernt und angewand werden.

    Ansonsten findet die Gruppendynamik statt, mit der wir alle sozialisiert wurden. Der mit den groessten Ellenbogen boxt sich durch bzw. klebt wie wild sein Post-its an die Wand und ueberfaehrt damit alle anderen, die mit diesem Thempo nicht Schritt halten koennen.

    Fuer mich ist das ganze ein klares Sozialisationsding wie alles andere auch. Was man ueber Jahre als Reflex und Verhalten verinnerlicht hat, aendert man nicht von heut auf morgen, sondern man behaelt es, ohne Unterstuetzung von aussen, bei und ersetzt nur oberflaechlich Methode A durch Methode B, wendet B aber so an, dass es am Ende A entspricht.

    Mir wurde einmal gesagt, dass es doch unfair sei, ueber ein stattgefundenes Meeting zu reflektieren, um dann im Nachhinein neue Erkentnisse beizusteuern nur weil man nicht in der Lage war, der Geschwindigkeit des Meetings zu folgen, da dies doch den Konsens der Gruppe kaputt machen wuerde. Da kann ich nur sagen Pech fuer den Konsens und die Frage aufwerfen, ob es in Meetings und in deren Folge nun tatsaechlich um die Sache und somit um die beste Loesung geht oder eben doch um ganz klare Machtfragen und um das Festhalten an deren Strukturen. Oft habe ich den Eindruck letzteres ist der Fall.

    In Bezug auf des Thema Introvertiertheit ist das Buch „Quiet: The Power of Introverts in a World That Can’t Stop Talking“ von Susan Cain ein Klassiker.

    • Danke für Deine Anmerkung Daniel. Die Notwendigkeit Methoden durchdacht anzuwenden finde ich ebenfalls wichtig, da der von Dir beschriebene Effekt leider viel zu oft geschieht.

      Das Buch muss ich mir mal ansehen.

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